Pragmatismus und Augenmaß
53/2025
Jahres-Pressekonferenz in Schwerin:
1. Das Vorziehen von Klimaneutralität auf das Jahr 2040 gefährdet das bezahlbare Wohnen.
2. Soziale Vermieter müssten ihre Mieten sofort deutlich erhöhen.
3. Durchschnittsmiete der VNW-Unternehmen liegt derzeit bei 5,82 Euro pro Quadratmeter.
Schwerin. Die sozialen Vermieter Mecklenburg-Vorpommerns haben von der rot-roten Landesregierung bei der Energiewende Pragmatismus und Augenmaß gefordert.
„Zu ambitionierte Klimaschutzziele wie beispielsweise das Vorziehen von Klimaneutralität gefährden das bezahlbare Wohnen“, sagten Andreas Breitner, Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW), und René Gansewig, VNW-Landes- und Verbandsausschussvorsitzender, am Mittwoch auf der Jahrespressekonferenz des Verbandes in Schwerin.
„Wir gehen davon aus, dass zum Erreichen von Klimaneutralität eine Investition von bis zu zwei Euro pro Quadratmeter notwendig ist. Fünf Jahre früher bedeutet, dass dazu noch mindestens 1,50 Euro pro Quadratmeter hinzukommen.“
Mieten müssten sofort steigen
Es sei bereits eine große Herausforderung, Klimaneutralität bis zum Jahr 2045 zu schaffen, sagte VNW-Direktor Andreas Breitner. „Das gleiche Ziel in 25 Prozent weniger Zeit schaffen zu müssen, bedeutet, dass die Wohnungsunternehmen von sofort an 25 Prozent mehr Eigenkapital benötigen. Dazu müssten die Mieten sofort deutlich erhöht werden.“
Der Grund bestehe darin, dass soziale Vermieter nur die Mieten hätten, um an mehr Eigenkapital zu kommen. „Sie handeln nicht mit Grundstücken oder Wohnungen – können also nicht einfach etwas verkaufen, um Geld für Investitionen aufzutreiben“, so Breitner.
Es fehlen schon jetzt Fachkräfte
René Gansewig, der zugleich Vorstandssprecher der NEUWOBA Neubrandenburger Wohnungsbaugenossenschaft eG ist, verwies auf den Mangel an Fachkräften. „Wir erleben bereits jetzt, dass es in der Bauwirtschaft an Fachkräften, die zusätzlichen Herausforderungen der Energiewende zu meistern.“
Wenn da jetzt noch Forderungen aufgesattelt werde, dürfte das nicht klappen. „Was nützen (über-)ambitionierte Klimaschutzziele, wenn am Ende die Fachkräfte fehlen, den Gebäudebestand klimaneutral zu machen?“, so René Gansewig.
Regierung sollte Gutachten über Kosten der Klimaneutralität in Auftrag geben
VNW-Direktor Andreas Breitner verwies darauf, dass Schleswig-Holstein und Hamburg Berechnungen der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen (ARGE Kiel) über die Kosten der Erreichung von Klimaneutralität in Auftrag gegeben haben. In Hamburg habe der Senat zudem acht wissenschaftliche Gutachten erarbeiten lassen.
„Alle Untersuchungen kommen zu dem Schluss, dass es sehr, sehr teuer wird, alle Wohngebäude so zu sanieren, dass sie 2045 klimaneutral sind. In Schleswig-Holstein kostet das 100 Milliarden Euro und in Hamburg rund 40 Milliarden Euro. Es wäre gut, wenn die Schweriner Landesregierung ebenfalls Wissenschaftler beauftragen würden, die Kosten zu berechnen. Das würde zu einer Beruhigung der Debatte beitragen.“
Das Versprechen, Klimaneutralität warmmietenneutral zu erreichen, sei mit Vorsicht zu betrachten, so René Gansewig. „Alle bisherigen Erfahrungen belegen, dass die Heizkosten nach einer energetischen Sanierung weniger stark sinken als vorher versprochen und die Mehrkosten, die durch eine Sanierung entstanden sind, bei Weitem nicht aufwiegen. Mit anderen Worten: Die Mieterinnen und Mieter zahlen drauf.“
Die Tilgung der DDR-Altschulden, die für die kommunalen Gesellschaften bereits angelaufen ist, müsse zudem dringend auf die Wohnungsbaugenossenschaften ausgedehnt werden, sagte VNW-Direktor Andreas Breitner. „Wir haben in Mecklenburg-Vorpommern 68 Genossenschaften, die oftmals einer der wenigen wirtschaftlichen Anker vor Ort sind. Dass ihre Mieterinnen und Mieter nach wie vor für Schulden der DDR-Regierung aufkommen müssen, ist nicht rechtens. Das Geld könnten die Genossenschaften sinnvoller investieren.“
Zu den Zahlen:
- Die monatliche Netto-Kaltmiete liegt bei den VNW-Unternehmen Mecklenburg-Vorpommerns im Durchschnitt bei 5,82 Euro pro Quadratmeter. Das ist ein Anstieg um 15 Cent gegenüber 2023.
- Die 149 VNW-Unternehmen in Mecklenburg-Vorpommern verwalten rund 275.000 Wohnungen. Das sind 53 Prozent aller Mietwohnungen im Land.
- Die Gesamtinvestitionen der VNW-Unternehmen in bezahlbaren Wohnraum betrugen im vergangene Jahr 594 Millionen Euro. 2023 waren 529 Millionen Euro.
- 2024 wurden 718 Wohnungen schlüsselfertig an die Mieterinnen und Mieter übergeben. Im Jahr zuvor waren es 287 Wohnungen.
- Die Leerstände im eigenen Bestand stiegen von 5,0 Prozent (2023) auf 5,22 Prozent (2024).
- Die Mietausfälle im eigenen Bestand stiegen leicht von rund 42 Millionen Euro auf 43,3 Millionen Euro (4,8 Prozent).
Der Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW) vertritt in Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein insgesamt 467 Wohnungsgenossenschaften und Wohnungsgesellschaften. In den von ihnen verwalteten 775.000 Wohnungen leben rund zwei Millionen Menschen. Die durchschnittliche Nettokaltmiete pro Quadratmeter liegt bei den VNW-Unternehmen bei 6,74 Euro. Der VNW ist der Verband der Vermieter mit Werten.
Verantwortlich im Sinne des Presserechts Oliver Schirg - Referent Kommunikation - Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW) Telefon: +49 40 52011 226 - Mobil: +49 151 6450 2897 - Tangstedter Landstraße 83 - 22415 Hamburg