Presseportal

Presseinformationen

  • Presseinformationen

Eine "Mission Impossible"

Die sozialen Vermieter zum Hamburger Wohngipfel: „Wir haben erhebliche Zweifel am Wohnungsbauziel. Politik muss über ein Sonderbauprogramm nachdenken.“

49/2022

Hamburg.  Angesichts explodierender Baupreise, Probleme bei Lieferketten und dem Mangel an Baukapazitäten sowie Fachkräften haben Hamburgs Wohnungswirtschaft und Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt für den 28. April 2022 zu einem Wohngipfel des Bündnisses für das Wohnen eingeladen.

Dazu erklärt VNW-Direktor Andreas Breitner:

„Alle Beteiligten am Bau bezahlbarer Wohnungen – soziale Vermieter, Baustoffindustrie, Bauunternehmen, Handwerker und Architekten – stehen derzeit vor der fast unlösbaren Aufgabe, angesichts der exorbitanten Preissteigerungen bezahlbaren Wohnraum zu errichten. Eine ‚Mission Impossible‘. Damit aber ist das ‚Geschäftsmodell Bezahlbares Wohnen‘ – soziale Vermieter bauen nachhaltige Wohnungen und vermieten diese dauerhaft zu einer bezahlbaren Miete – in seinem Kern gefährdet. Das Ziel, jährlich in Hamburg 10.000 Wohnungen zu errichten, ist ambitioniert und das ‚Bündnis für das Wohnen‘ ist am besten dafür geeignet, die entsprechenden Voraussetzungen dafür zu schaffen. Ob wir das Ziel am Ende erreichen werden, daran habe ich inzwischen meine Zweifel.

Viele Geschäftsführer und Vorstände von sozialen Wohnungsunternehmen, die sich einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung verpflichtet fühlen, haben sich bereits gegen den Neubau oder gegen eine Sanierung von Bestandsgebäuden entschieden oder denken über eine Verschiebung von Projekten nach. Soziale Vermieter können sich keine Unsicherheit bei der Kalkulierung der Baukosten leisten. Schließlich sind ihre Kalkulationen ohnehin bereits auf Kante genäht. Weiter steigende Baukosten würden eine weitere Erhöhung von Mieten nach sich ziehen – und das wollen wir nicht.“

Dazu erklärt Marko Lohmann, Vorstandsvorsitzender des VNW-Landesverbands Hamburg und Vorstand GEMEINNÜTZIGE BAUGENOSSENSCHAFT BERGEDORF-BILLE EG:

„Die Investitionserwartungen der Wohnungswirtschaft in Hamburg sind in den vergangenen drei Monaten massiv eingetrübt worden. Es sind mehrere Risiken gleichzeitig eingetreten, die zwar einzeln lösbar wären, jedoch in der Häufung kaum noch zu bewältigen sind. 

1.    Bereits seit mehr als zwei Jahren fehlen neue Baugrundstücke. Deren Preise folgen einem System, das sich von vertretbaren Mietenentwicklungen entkoppelt hat. 
2.    Die Baukosten sind deutlich stärker als in Vorjahren gestiegen. 
3.    Knappheiten bei Material und Personal werden durch die Folgen des Krieges gegen die Ukraine verschärft. 
4.    Die Zinsen sind in wenigen Monaten viel schneller und auf ein höheres Niveau gestiegen, als zu erwarten war. 
5.    Den stärksten negativen Einfluss übt der plötzliche Wegfall der Neubauförderung der KfW aus. Noch schlimmer als im Januar waren die Signale vom 20. April 2022, als die Neuauflage für die öffentliche Neubauförderung bereits nach drei Stunden gestoppt wurde. 
6.    Die Bundesregierung verspricht zwar, dass Mitte dieses Jahres komplett die veränderten Vorgaben für das Jahr 2023 bekannt sein werden. Die Signale für eine angemessene haushalterische Ausstattung fehlen allerdings bislang weitgehend.
7.   Als Folge ist das Vertrauen der Wohnungswirtschaft in eine verlässliche Neubauförderung massiv geschwunden. Hauptsächlich aus diesem Grund werden derzeit viele künftige Neubauprojekte gebremst oder vorerst ganz gestoppt.“

Forderungen der sozialen Vermieter in Hamburg

1.    Alle Kontakte zum Bundestag und zur Bundesregierung sollten genutzt werden, um deutlich zu machen, dass jeder weitere Monat an fehlender Klarheit und Verlässlichkeit massiv schadet. Die Wohnungswirtschaft hat keine Kapazitäten für Nachholeffekte nach der Krise. Jede jetzt nicht mehr gebaute Wohnung fehlt langfristig.
2.    In Hamburg sollten alle Beteiligten am Wohnungsbau mit Hochdruck sonstige bestehende Hindernisse zu beseitigen, die unabhängig von der Krise neue Wohnungen bereits behindert haben. Ein Ziel könnte sein, alle in der Wohnungsbaukoordination seit mehr als drei Monaten vorliegenden Fällen nun innerhalb von drei Monaten abschließend zu klären. Weiter steigende Komplexität einzelner Projekte ist kein Beitrag zur Milderung der deutlichen Neubau-Rückgänge.
3.    Wegen der mehrjährigen Vorlaufzeiten sollten alle Bemühungen intensiviert werden, um spätestens in zwei Jahren keinen Mangel an Grundstücken oder fertigen Bebauungsplänen mehr zu haben. Jetzt bestehen Chancen für benötigte Sonderbauprogramme.
4.    Die Krise sollte von uns allen genutzt werden für mehr Innovationen, braucht mehr Mut zu Veränderungen bisheriger Prozesse, Produkte und Vorschriften, die sinnvolle Veränderungen behindern. Wohnungs- und Bauwirtschaft sind sehr kleinteilig organisiert.

2022/04/28

Der Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW) vertritt in Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein insgesamt 405 Wohnungsgenossenschaften und Wohnungsgesellschaften. In den von ihnen verwalteten 686.000 Wohnungen leben rund 1,5 Millionen Menschen. Die durchschnittliche Nettokaltmiete pro Quadratmeter liegt bei den VNW-Unternehmen bei 6,20 Euro. Der VNW ist der Verband der Vermieter mit Werten.

V.i.S.P.: Oliver Schirg, Verband Norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW), Referat Kommunikation, Telefon: +49 40 52011 226, Mobil: +49 151 6450 2897, Mail: schirg@vnw.de