Deutschland will bis 2045 klimaneutral sein, das ist im Bundes-Klimaschutzgesetz festgelegt. Ende 2023 wurde die Volksinitiative „Hamburger Zukunftsentscheid“ angemeldet, die seither um Unterstützung für ihr Vorhaben wirbt. Nach einem erfolgreichen Volksbegehren folgt nun der nächste Schritt: der Volksentscheid. Am 12. Oktober 2025 stimmen alle wahlberechtigten Hamburgerinnen und Hamburger über den Volksentscheid ab. Der genaue Gesetzestext, über den entschieden wird, findet sich hier. Stimmt die Mehrheit für den Gesetzestext, tritt er innerhalb eines Monats in Kraft.
Im Folgenden beantworten wir dazu die wichtigsten Fragen.
Was will der Zukunftsentscheid?
Die Bürgerinitiative will ein strengeres Klimaschutzgesetz für Hamburg. Ziel ist es, statt bis 2045 Hamburg schon bis 2040 klimaneutral zu machen, also fünf Jahre früher als geplant. Dafür soll es u.a. verbindliche CO2-Minderungsziele für alle Sektoren (zum Beispiel Bau, Verkehr, Industrie, Haushalte) geben.
Warum sollte ich mit NEIN abstimmen?
Wer mit NEIN abstimmt, stimmt für einen sozial verantwortungsbewussten Klimaschutz. Denn schon jetzt wird viel Geld investiert, um die notwendige Wärmewende zu schaffen. Zuletzt investierten die Hamburger VNW-Mitgliedsunternehmen rund anderthalb Milliarden Euro pro Jahr – davon ein Drittel in Modernisierung von Bestandsgebäuden. Je kürzer der Zeitraum ist, in dem energetisch durchsaniert werden muss, desto teurer wird es nicht nur für die Unternehmen, sondern für uns alle. Ein Vorziehen des Klimaneutralitäts-Ziels um fünf Jahre würde die VNW-Mitgliedsunternehmen jedes Jahr 800 Millionen Euro kosten. In der Folge bedeutet das höhere Mieten, denn irgendwoher muss das Geld kommen. Außerdem wäre viel weniger finanzieller Spielraum für Neubau und Instandhaltung – bei dem angespannten Hamburger Wohnungsmarkt wäre das fatal. Auch der eklatante Fachkräftemangel in der Branche macht ein Vorziehen des Klimaneutralität-Ziels vollkommen unrealistisch.
Kann ich auch per Briefwahl abstimmen?
Ja, das geht. Weitere Infos dazu gibt es hier.
Warum ist Klimaneutralität 2040 für die VNW-Mitgliedsunternehmen nicht zu schaffen?
Die VNW-Mitgliedsunternehmen sind die sozialen Vermieter mit Werten. Es sind Wohnungsgenossenschaften und -gesellschaften, bei denen nicht die Gewinnmaximierung im Mittelpunkt steht, sondern die in ihre Bestände und den Neubau investieren und ihre Angestellten bezahlen. Das heißt, es gibt keine riesigen Rücklagen, die angezapft werden können. Vier von fünf VNW-Unternehmen lehnen ein Vorziehen des Klimaneutralität-Ziels ab, weil die Investitionen sonst nicht mehr aus bezahlbaren Mieten zu finanzieren sind.
Was will der VNW stattdessen?
Wir erwarten von allen Beteiligten in der Diskussion um Klimaneutralität Ehrlichkeit und Transparenz. Nur auf die Vorteile zu verweisen, die zusätzlichen Kosten jedoch zu verschweigen oder sie ‚dem Staat‘, also allen Steuerzahlenden, aufzudrücken, das geht nicht. Erforderlich ist eine Modellrechnung des Senats zur Bewertung des früheren Klimaneutralität-Ziels 2040. Diese liegt aber bislang nicht vor. Unsere Mitgliedsunternehmen möchten die Klimawende sozialverträglich organisieren. Dafür sollten Klimaschutzmaßnahmen und Gesetzesvorhaben pragmatisch und realistisch angegangen werden. 2045 als Zieljahr für die Klimaneutralität der Stadt ist schon ambitioniert genug. Das stellt alle Sektoren vor große Herausforderungen. Wenn wir das gleiche Ziel in 25 Prozent weniger Zeit schaffen sollen, brauchen wir ab sofort 25 Prozent mehr Eigenkapital. Wer dabei die Mehrbelastungen für Mieterinnen und Mieter verschweigt, handelt unredlich.
Wer trägt die Kosten für die notwendigen Klimaschutzmaßnahmen?
Laut Expertenstudie des Hamburger Senat kostet es rund 40 Milliarden Euro, alle Wohngebäude Hamburgs bis 2045 klimaneutral zu machen - bei rund einer Million Wohnungen, die es in der ganzen Stadt gibt, sind das fast 40.000 Euro pro Wohnung. Wie diese Summe aufgebracht werden und wer sie bezahlen soll, ist unklar. Dazu kommt, dass die Heizkosten nach einer energetischen Sanierung erfahrungsgemäß weniger stark sinken als vorher versprochen und die Mehrkosten, die durch eine Sanierung entstanden sind, bei Weitem nicht aufwiegen. Am Ende werden Mieterinnen und Mieter also draufzahlen, sollten weitere hohe Mehrkosten (zum Beispiel durch ein Vorziehen des Klimaziels) entstehen. Ein Vorziehen des Klimaneutralität-Ziels verursacht Mehrkosten von rund 10.000 Euro pro Wohnung - das würde eine zusätzliche Mietsteigerung von bis zu 1,50 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche nach sich ziehen.
Wie geht es weiter, falls der “Zukunftsentscheid” erfolgreich ist?
Laut Hamburger Wahlrecht ist es so, dass der Volksentscheid als angenommen gilt, wenn die Mehrheit der Abstimmenden und mindestens ein Fünftel der Wahlberechtigten (263.338 Personen) zustimmen. Dies gilt, wenn ein Volksentscheid nicht am Tag der Wahl zur Bürgerschaft oder zum Deutschen Bundestag stattfindet - also auch für den “Hamburger Zukunftsentscheid”. Sollte der Volksentscheid zugunsten der Bürgerinitiative ausgehen, hätten wir ein Problem. Denn schon das Jahr 2045 ist ambitioniert – fünf Jahre früher aber ist nicht möglich. Das würde sehr teuer für uns alle werden und würde sich auch auf die Mieten auswirken: Laut Berechnung unserer Mitgliedsunternehmen würden sie im Durchschnitt um zwei bis drei Euro pro Quadratmeter mehr als ohnehin steigen. Das ist vor allem für Menschen mit geringem Einkommen ein riesiges Problem. Außerdem drohen Klagen gegen alle, die die geforderten Maßnahmen nicht erfüllen, sowie gegen die Freie und Hansestadt Hamburg, sollte die per Gesetz verordnete Klimaneutralität 2040 nicht erreicht werden.